Altes E-Werk, 11. 12. 2010

Kelpie: ein Wassergeist im Alten E-Werk


Besinnlich soll sie ja sein, die Adventszeit. Wer zum Konzert des schottisch-norwegischen Folkduos „Kelpie“ ins Alte E-Werk Neckargemünd kam, fand hier, was im „Jingle Bells“-Vorweihnachtstrubel so oft verloren geht: eine wohltuende Ruhe, Gelassenheit und Heiterkeit – gepaart mit einem Gefühl für Spiritualität.

Zwar ging es an diesem Abend nicht um das Christuskind, sondern um Wassergeister und Trolle, aber dennoch boten die norwegisch- deutsche Sängerin und Gitarristin Kerstin Blodig und der schottische Gitarrist und Komponist Ian Melrose dem Publikum mit ihren keltisch-skandinavischen Kompositionen ein einzigartiges musikalisches und auch spirituelles Erlebnis: das sich Hineinversetzen in eine ursprüngliche Natur, in vielfarbig schimmernde Landschaften, in Rituale, Tänze und Mythen der Naturvölker.

Der Wassergeist „Kelpie“, der sich in der schottischen und ähnlich auch in der norwegischen Sagenwelt findet, stand Pate für den Namen des Musikduos.

Der Abend begann mit dem Tanzstück „Kryllingen“, dessen Melodie auf Tanzveranstaltungen in Ermangelung von Geigenspielern von Singstimmen übernommen wurde. Faszinierende Laute zu einem Fest der Trolle erzeugte Ian Melrose auf seltenen Flöten in einem Stück von den Färöer-Inseln.

Insbesondere die Töne der Seljefloyte , die urspünglich aus Weidenholz geschnitzt wurde, hier aber in der Version eines gebogenen


Kunststoffrohrs – einem Sanitär-Abflussrohr erstaunlich ähnlich – zum Einsatz kam, sorgte für Staunen und Schmunzeln.

Die Basis des Kelpie-Sounds, ob verträumt-spielerisch oder rhythmusbetont, bildete das einfühlsame Zusammenspiel der beiden virtuosen Gitarren. In einem Fingerpicking-Solo zeigte Ian Melrose, dass er auch diese Variante des Gitarrenspiels brilliant beherrscht.

Insbesondere aber die Stimme von Kersting Blodig macht die Atmosphäre von „Kelpie“ aus: Glasklar und ausdrucksvoll-positiv gefärbt, ohne jemals in Pathos oder schwülstige Mystik zu verfallen, singt sie ein Hohelied auf die Natur – und die liegt ihr besonders am Herzen, wie die „grüne“ Ballade „Lord Mongrave and the Lady Green“, aber auch ihr Einsatz für Greenpeace beweisen.

Dass Kerstin Blodigs Stimme auf der Bühne auch in mehreren Stimmlagen gleichzeitig zur hören sein kann, führte sie dem verblüfften Publikum in einer Solonummer mit Loop-Maschine vor. Eine zusätzliche musikalische Färbung erhielten die Songs durch Blodigs virtuoses Spiel auf der Bodhrán-Trommel.

Im zweiten Set des Abends – wie schon im ersten begleitet von humorvollen Anmoderationen – präsentierte das Duo Stücke aus der englischsprachigen Kultur, u.a. das Antikriegslied „The Battle of Waterloo“. Noch ein paar Zuhörer mehr hätte man diesem großartigen Duo aus Berlin gewünscht.